Rusalka
A ballet in two acts based on Czech fairytale
A Slavic fairytale, the Rusalka is made for the 1st time as ballet. Jiří Bubeníček' choreography together with the music by Czech composer Leoš Janáček tell the story of an immortal water nymph from Slavic Mythology who falls in love with a prince and yearns to become human. The water nymph Rusalka askes Ježibaba, the hag for help. But not even her gardian Vodník, the Water Gnome can't save her fragile soul.
Die Nixe Rusalka ist unsterblich in den schönen Prinzen verliebt. Um ihm nahe sein zu können, tauscht sie ihre Stimme ein gegen die Menschengestalt. Ein riskanter Handel. Sollte der Geliebte ihr untreu werden, droht ihm der Tod und ihr die ewige Verdammnis. Mit der ersten Kreation der als Tänzer wie Tanzschaffende gleichermaßen berühmten Ballettzwillinge Jiří und Otto Bubeníček für das STAATSBALLETT wird der „Karlsruher Weg“ fortgesetzt, der neben der Pflege der Klassiker auch die Kreation neuer Werke in den Mittelpunkt rückt.
RUSALKA
A ballet in two acts based on Czech fairytale
Premiere 29.04.2017 for Badisches Staats Ballett Karlsruhe
Choreography and staging: Jiří Bubeníček
Musik: Leoš Janáček and Antonín Dvořák
Stage and Costume design: Otto Bubeníček
Light design: Jiří Bubeníček
Rusalka: Rafaelle Queiroz
Prinz: Flavio Salamanka
Vodník / Wassermann: Juliano Toscano
Freund des Prinzen: João Miranda
Fremde Fürstin: Su-Jung Lim
Ježibaba / Hexe: Bruna Andrade
Pictures
Erlösung und Verdammnis
Interview mit Jiří und Otto Bubeníček
Rusalka ist die slawische Variante des Nixen-Mythos, der in der deutschen Romantik durch die Undinen- und Melusinen-Erzählungen sehr beliebt war und spätestens mit Hans Christian Andersens Kunstmärchen „Die kleine Seejungfrau“ weltberühmt wurde. Was ist das typisch Slawische am Rusalka-Märchen?
Jiří Bubeníček Was nicht slawisch, sondern wirklich sehr tschechisch ist, ist der Wassermann, der Vodník.
Otto Bubeníček Ja, er ist eine sehr populäre Märchenfigur in Tschechien. Jeder weiß, wer er ist, und hat eine Vorstellung davon, wie er aussieht – natürlich, ohne ihn je gesehen zu haben.
JB Der Vodník raucht gern Pfeife, näht seine kaputten Schuhe zusammen, trägt einen Frack, der am unteren Saum triefend nass ist, und lebt am Ufer eines Sees auf einem Weidenbaum.
OB Deswegen war mir von Anfang an klar, dass wir im 1. Bild des 1. Aktes diesen Baum haben müssen. Die Weide liebt die Feuchtigkeit und wächst vorwiegend an Flüssen und an Seeufern. Daher ist sie ein gutes Symbol für das Wasser. Auch Rusalka sitzt oft auf dieser Weide und kämmt sich dort oben ihre langen Haare.
Was für eine Figur ist Rusalka? Ist sie eine Nixe?
JB Rusalka ist in unserer Produktion nicht wirklich eine Nixe. Sie hat keinen Fischschwanz, sondern zwei normale Beine.
OB Rusalka ist keine Meerjungfrau, denn ihr Lebensraum ist nicht der Ozean, sondern das Süßwasser. Sie ist eher wie eine Welle auf dem Wasser. Die slawische Legende besagt, dass die Rusalky Frauen sind, die im Wasser ertrunken sind, weil ihre Männer sie betrogen haben. Sie haben rote Haare, die von ihrem eigenen Blut eingefärbt worden sind.
JB Rusalka ist ein Wesen mit übernatürlichen Fähigkeiten, das ein Unwetter heraufbeschwören oder den Wind über den See schicken kann. Auch wenn sie keinen Fischschwanz hat, so ist sie doch eng mit dem Wasser verbunden. Sie kann ihre Beine nicht wirklich aus dem Wasser heben. Im 1. Bild versucht sie vergeblich, dem Prinzen auf dem Steg hinterher zu klettern. Ihre Füße aber stecken im Wasser fest, und die Wassernymphen ziehen sie immer wieder hinab. Für mich sind auch die Wassernymphen keine sanften Elfen. Sie sind einerseits nett und charmant, andererseits aber auch sehr mächtig und unheimlich. Sie können sich von einer Sekunde auf die andere in gefährliche Märchenmonster verwandeln.
Rusalka riskiert für ihre Liebe zum Prinzen alles – und verliert alles. Als der Prinz ihr untreu wird, geht sie als ewig Verdammte in das Reich der verlorenen Seelen ein. Ist Rusalka ein Opfer? Ein Opfer ihrer Liebe oder ein Opfer der Wankelmütigkeit der Menschen?
JB Ich sehe Rusalka nicht als Opfer. Natürlich ist sie eine Frau, die verraten wurde. Es ist eine traurige Geschichte, und ich möchte von dem Schmerz eines Menschen erzählen, der so verletzt und missbraucht wurde. Es behandelt ein Thema, das uns Menschen überhaupt betrifft: Der Mann betrügt die Frau. Aber Rusalka ist eine starke Persönlichkeit. Sie sieht zu Beginn den Prinzen im Wasser schwimmen und verliebt sich in ihn, ohne zu wissen, wer er ist und woher er kommt. Es ist ihre eigene freie Entscheidung, ihm in die Menschenwelt zu folgen und menschliche Gefühle zu erleben. Sie ist sich der möglichen Konsequenzen absolut bewusst. Die Hexe Ježibaba und der Wassermann Vodník warnen sie eindringlich vor den Herzen, den Seelen und der Liebe der Menschen, denn Menschen sind in der Lage, ihr großes Leid anzutun. Im 2. Akt empfiehlt die Hexe Rusalka sogar, den untreuen Prinzen mit einem Messer zu töten, damit sie der ewigen Verdammnis entgehen und in ihr altes Leben zurückkehren kann. Das lehnt Rusalka ab. Sie liebt den Prinzen so sehr, dass sie ihm vergibt – und ist damit genau genommen mitfühlender und menschlicher als die Menschen selbst. Der Preis allerdings, den Rusalka für das Erleben menschlicher Liebe bezahlt, ist das Gefangensein in der düsteren, schweren Ewigkeit. Mir war von Anfang an klar, dass der Bühnenraum im 2. Akt genau das ausdrücken soll: Rusalkas Depression, aber auch die Tiefe, die Kälte, die Dunkelheit, das Gewicht sowie den Druck des Wassers und die Gewalt der Natur, die Rusalka nach unten zieht.
Und der Prinz?
JB Der Prinz kann alles haben, was er will, weil er der Prinz ist, aber er ist sich in keinster Weise der Konsequenzen bewusst, die sein Verhalten nach sich zieht. Rusalka, ihre Blässe und ihre seltsame
Schönheit faszinieren ihn und er will sie unbedingt haben. Doch in dem Moment, wo er sie wirklich besitzt, hat er auch schon wieder das Interesse an ihr verloren. Es ist der ewig alte Kreislauf, dass wir nur das begehren, was wir nicht haben. Rusalka ist trotz ihres menschlichen Körpers in ihrem Inneren immer noch ein Wasserwesen. Aus diesem Grund fällt ihr es so schwer, dem Prinzen gegenüber menschliche Gefühle zu zeigen. Auch deswegen verlässt sie der Prinz. Erst am Ende erkennt er, dass er Rusalka verletzt hat, und bittet sie um Vergebung. Im letzten tödlichen Kuss findet er diese Vergebung. Er stirbt und kommt in den Himmel zu Gott. Für den Prinzen bedeutet der Tod Erlösung, aber Rusalka ist als verlorene Seele auf ewig in den Tiefen des Wassers gefangen. Jaroslav Kvapil, dessen Libretto zu Dvořáks Oper mich sehr inspiriert hat, legt Rusalka folgende Worte in den Mund: „Tot nicht, noch lebend, nicht Frau, nicht Nixe, irr‘ ich umher in Herzensnot.“ In gewisser Weise ist es so auch im wirklichen Leben: Wenn dir jemand untreu wird, kannst du ihm zwar vergeben, aber eine Narbe wird immer zurückbleiben.
Kehren wir nochmals zurück zum Wassermann Vodník. Welche Rolle spielt er?
JB Der Wassermann ist der mächtige Herrscher über die Wasserwelt, der auch die Menschen in Angst und Schrecken versetzen kann. Er ist aber keine per se böse Figur. Rusalka gegenüber ist er wie ein ehrlich liebender Vater. Für mich hat er etwas von einem Frosch und so habe ich für ihn einen ganz speziellen animalischen Bewegungsstil kreiert, er bewegt sich viel im plié, wie ein Tier.
Die Handlung findet in zwei verschiedenen Welten statt: im Elementarreich von Rusalka und dem Wassermann sowie in der Menschenwelt des Prinzen. Sind diese beiden Welten miteinander verbunden? Worin liegen die Gemeinsamkeiten, worin die Unterschiede?
OB Die beiden Welten haben mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Die konzeptionelle Klammer, die alle drei Bilder zusammenhält, ist das Element Wasser.
Echtes Wasser auf der Bühne wäre aber wegen der Rutschgefahr für die Tänzer zu gefährlich. Wie macht ihr diese zentrale Komponente trotzdem erlebbar?
OB Auch wenn das Wasser physisch nicht da ist, so spüren wir doch permanent seine Anwesenheit und seinen Einfluss, nicht nur im 1. Bild, wo wir mit dem See und seinem Ufer das Reich von Rusalka, dem Wassermann und den Wassernymphen zeigen. Im 2. Bild ist der Schlossgarten des Prinzen zu sehen, doch einige Teile der menschlichen Architektur wie das Eingangstor und ein Säulengang sind schief und nur noch halb zu sehen, weil der Rest schon im Wasser versunken ist – ein bisschen wie in dem weltberühmten Gemälde La persistencia de la memoria von Salvador Dalí, in dem drei Taschenuhren zerfließen. Oben im Schnürboden hängt kopfüber ein umgekipptes Boot, dessen Anker sich in den Boden des Gartens gräbt und dem Raum etwas Surreales verleiht.
JB Das umgestoßene Boot ist ein Symbol für die Überlegenheit der Natur. So sehr wir Menschen die Natur und deren Rohstoffe auch ausbeuten und die Meere leerfischen, eines Tages wird die Natur zurückschlagen und viel stärker sein als wir Menschen. Das Wasser kann innerhalb Sekunden alles zerstören, auch die Liebe. Im 2. Bild in der Menschenwelt deute ich dies auch in der Choreografie augenzwinkernd an: Die Hochzeitsgesellschaft isst hemmungslos Fisch und allerlei Meerestiere – für Rusalka ein großer (Kultur-) Schock.
Otto, machst du in den Kostümen einen Unterschied zwischen der Wasser- und der Menschenwelt?
OB Die Kostüme der Menschen nähern sich im Stil ein bisschen unserer Zeit an. Aber ich habe bewusst auf eine konkrete geschichtliche Epoche verzichtet. Die Elementargeister Rusalka, der Wassermann Vodník und die Hexe Ježibaba tragen fantasievolle Kostüme und Perücken.
Also gilt die Stil-Gleichung „klassisch“ für die Wassergeister und „modern“ für die Menschen?
OB Dann sage mir zuerst, was du unter „klassisch“ verstehst. (lacht) Vielleicht empfinden wir ja mittlerweile das als klassisch, was wir aus den Walt Disney-Zeichentrickfilmen kennen. Das ist dieselbe Frage, die mir mein Vater mein ganzes Leben lang gestellt hat: Was genau ist klassischer, neoklassischer und moderner Tanz? Das Schöne an der Zusammenarbeit mit dir, Jiří, ist, dass du für Tänzerinnen und Tänzer in klassischen Kostümen solch eine Choreografie kreierst, dass das Ganze sehr modern wirkt.
War der Entschluss, „Rusalka“ als Ballettmärchen zu erzählen, ein Grund für dich, ein „klassisches“ Bühnenbild zu entwerfen?
OB Ja, unbedingt. Allerdings haben Jiří und ich mit einem sehr klassischen, naturalistischen Bühnenbildentwurf nur angefangen und diesen Stück für Stück moderner oder besser gesagt abstrakter gemacht. In der Zirkuswelt gab es in den 1980er Jahren einen Trend hin zu hochmodernen Hightech-Shows. Doch dann kam der Circus Roncalli mit seiner Philosophie, das Alte und Neue miteinander zu verschmelzen, und er führte die liebevoll altmodischen Zirkuswagen wieder ein, in denen die Artisten leben – noch vor dem Cirque du Soleil.
In einem Handlungsballett und noch mehr in einem Ballettmärchen geht es genauso darum, das sogenannte Klassische und das sogenannte Moderne ausgewogen und unterhaltsam miteinander zu kombinieren.
Wie sieht so eine Kombination dann konkret aus?
OB Mich fasziniert die alte Theatertechnik, die es schon seit dem Barock oder der Renaissance gibt – zum Beispiel die Gassenbühne, die die in der Renaissance entdeckte Zentralperspektive aufgreift und mit der man die Illusion einer nahezu unendlichen räumlichen Tiefe herstellen kann. Diese Gassenbühne verwende ich in Rusalka auch, habe aber lange überlegt, wie ich sie modern gestalten könnte. Im Januar war ich in Hamburg, wo ich lebe, unterwegs und habe die winterlichen Bäume, ihre kahlen Äste, die aufeinander zulaufen und sich ineinander verhaken, fotografiert – aus der Froschperspektive heraus und in Nahaufnahme. Dieses abstrakte Muster, bei dem man nicht gleich erkennt, dass es sich dabei um Bäume handelt, verwende ich für die Gassen. Auch für die Kostüme der Hexe Ježibaba und der zwei Hexenlehrlinge hat mich dieses Natur-Motiv inspiriert, denn sie sind keine Wasserwesen, sondern kommen eher aus dem Wald.
Welche choreografischen Zutaten braucht ein Ballettmärchen?
JB Wenn ich ein Märchen choreografiere, habe ich absolute Ausdrucksfreiheit. Ich kann die Geschichte wirklich so erzählen, wie ich will – mit der Unvoreingenommenheit eines kleinen Kindes, das Spaß und Freude an dem hat, was es gerade tut. In einem Ballettmärchen für die ganze Familie geht es mir darum, die Geschichte für Kinder klar und verständlich zu erzählen, aber auch nicht zu viel zu erklären, sonst langweilt sich das Publikum. Es muss eine gesunde Mischung sein. Ideal wäre, wenn anhand meiner Bilder auf der Bühne die eigene Fantasie der Zuschauer entfacht wird.
Ist die Verwendung von Spitzenschuhen ein wichtiger Bestandteil des Ballettmärchens?
JB Auf jeden Fall! Ich liebe Spitzenschuhe. Sie machen die Beine länger, und man kann so viel mit ihnen ausdrücken!
Nach welchen Kriterien hast du die Musik ausgewählt?
JB Für die Szenen, die im Wasserreich spielen, habe ich nach einer Musik gesucht, die ein Wassergefühl vermittelt. Zu Beginn hatte ich sechs tschechische Komponisten im Blick: Antonín Dvořák, Leoš Janáček, Bohuslav Martinů, Josef Suk, Karel Kovařovic und Vítězslav Novak. Ich habe mit der Detailrecherche bei Janáček angefangen, weil ich mir sicher war, bei ihm etwas zu finden – und bin dann fast ausschließlich bei diesem Komponisten geblieben.
Vor allem seine Klaviermusik – Auf verwachsenem Pfade, Im Nebel und die Sonate 1.X.1905 – erinnert mich an Wassertropfen, an Wellen, die der Wind auf die Wasseroberfläche eines Sees weht. Diese Musik hat etwas sehr Intimes, Magisches und passt sehr gut zur Wasserwelt. Die Musik des Prinzen und der Menschenwelt ist groß besetzte Orchestermusik, die sehr majestätisch und zuweilen pompös anmutet, so der Eingangssatz aus Janáčeks Glagolitischer Messe oder der 7. Slawische Tanz von Antonín Dvořák. Dvořák ist am Ende der einzige Komponist, der mit nur zwei Werken die Musik Janáčeks ergänzt.
Worin liegt für dich die Faszination an Janáčeks Werken?
JB Ich habe im Zuge der Vorbereitungen zu Rusalka den Komponisten Leoš Janáček ganz neu für mich entdeckt. Jedes noch so kurze Stück von ihm ist abwechslungs- und kontrastreich und wiederholt sich in sich nie. Er beginnt mit einem Thema und geht damit ganz unerwartete, überraschende Wege. Ich glaube, das hängt damit zusammen, dass er sich von der menschlichen Sprache hat inspirieren lassen, von unserer Sprechmelodie. Denken wir nur an sein 2. Streichquartett Intime Briefe – was für eine leidenschaftliche, flammende Liebeserklärung! Seine Musik ist sehr spielerisch und hochkomplex zugleich und hat etwas Märchenhaftes und Magisches an sich. Sie verwendet viele folkloristische Elemente und klingt trotzdem auch heute noch so modern und zeitgenössisch. Das Märchen von Rusalka mit tschechischer Musik zu verknüpfen, fühlt sich für mich absolut richtig an, weil die Werke, die ich ausgewählt habe, auf ihre Weise naiv sind. Sie arbeiten mit Volksmusik-Themen und tragen, wie die tschechische Folklore, so viel Glück und Lebensbejahung, so viel Seele in sich.
Ihr seid beide Tschechen. Was macht, wenn überhaupt, eure Produktion zu einer tschechischen Produktion?
JB Um diese Frage beantworten zu können, müssten wir erstmal klären, was genau „tschechisch“ bedeutet. (lacht) Die Musik ist tschechisch, Choreograf und Ausstatter sind tschechisch.
OB Ein gewisser Geist aus Mähren, Böhmen und Tschechien wird durch unsere Produktion wehen. Mich hat der alte Opernfilm Rusalka des tschechischen Regisseurs Petr Weigl sehr inspiriert. Eine weitere Inspirationsquelle waren die Cartoons des tschechischen Kinderbuchautors und Illustrators Josef Lada; er hat besonders oft den Wassermann Vodník gemalt. In Tschechien ist er sehr berühmt; in Deutschland kennt man am ehesten seine Illustrationen zum Roman Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk oder sein Kinderbuch Kater Mikesch. Vor allem von Ladas Farbgebung habe ich mich beim Entwurf der Ausstattung leiten lassen von seinem schönen Blau und seinem schönen Gelb. In den Kostümen zitiere ich zudem die Farben unserer Nationalflagge Rot, Blau und Weiß. Für Rusalka hatte ich zunächst ein klassisches weißes Hochzeitskleid entworfen, aber das passte irgendwie nicht. Jetzt heiratet Rusalka in einem traditionellen tschechischen Folklorekleid. Seit dem Zusammenbruch des Kommunismus ist die Jahrhunderte alte Folklore-Tradition in Tschechien wieder aufgeblüht und erfüllt heute jede Stadt und jedes Dorf mit großem Stolz.
JB Ich liebe die tschechische Folklore. Während meiner Tanzausbildung am Prager Konservatorium hatten wir zwei Mal pro Woche Unterricht in Volkstanz bei einem sehr alten, fantastischen Lehrer. Er war wie unser Vater. Es waren schwierige Tänze, aber er unterrichtete mit sehr viel Liebe und Leidenschaft. Endlich durften wir uns frei bewegen. Manchmal hassten wir es, die Variationen der klassischen Ballette zu tanzen, aber im Volkstanz-Unterricht konnten wir uns entspannen, lachen und atmen. Das 2. Bild im 1. Akt ist eine Art Reminiszenz an diese tschechische Folklore, ohne dass ich konkrete Schrittfolgen aus den alten Volkstänzen verwende. Es ist eher wie eine schöne, aber schon verblasste Erinnerung. So setze ich bei der Hochzeit von Rusalka und dem Prinzen zwei Zeremonienpaare ein, die die Brautleute begleiten. Solche Heiratsformationen findet man in der alten tschechischen Folklore, aber ich zitiere kein historisch korrektes Material, sondern lasse meinen Assoziationen freien Lauf.
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